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Erstellt: | 18.02.2014 |
Aktualisiert: | 01.04.2014 |
Aktuelles Tagesgeschehen
Meine Meinung zu aktuellen Themen
Die Schlagzeile:
18.02.2014: Der ehemalige Bundesagrarminister Hans-Peter Friedrich ist sich in der Edathy-Affäre weiterhin keiner Schuld bewusst
Es war meine Pflicht, sagte der CSU-Politiker am Dienstagmorgen im ZDF über sein
Gespräch mit Sigmar Gabriel. Friedrich hatte dem SPD-Vorsitzenden im Oktober mitgeteilt,
dass der Name des Sozialdemokraten Sebastian Edathy bei Ermittlungen im Ausland
aufgetaucht war. Er habe kurz vor der Regierungsbildung das Ansehen Deutschlands
wahren wollen, sagte Friedrich. Wenn dies ein Gesetz verbiete, gehöre es abgeschafft.
[
Quelle]
Strafvereitelung im Amt?
Friedrich hat schon in seiner Amtszeit als Innenminister deutlich zu verstehen gegeben, daß er seine eigene Meinung und seine eigene Moral wie selbstverständlich über das geltende Recht setzt. Um beispielsweise die skandlösen Praktiken des US-Amerikanischen Geheimdienstes NSA zu verteidigen, erklärte er kurzerhand die Sicherheit zu einem Supergrundrecht. Und anstatt, wie von ihm per Eid geschworen, die Interessen des deutschen Volkes zu vertreten, Schaden von ihm abzuwenden und die Grundrechte der Deutschen zu verteidigen, tat er in der Sache: Nichts. Seine Untätigkeit in dem wohl größten Überwachungsskandal aller Zeiten erklärte der zwischenzeitlich zum Landwirtschaftsminister abgestiegene Politiker lapidar mit den Worten "Ich hatte übrigens wichtigere Themen als die NSA-Affäre". [ Quelle] Tatsächlich darf man vermuten, daß der eifrige Anhänger der Vorratsdatenspeicherung und ständig Gesetzesverschärfungen forderne Politiker in seiner Amtszeit als Innenminister am liebsten gleich selbst beim schmutzigen Geschäft der NSA mitgemischt hätte und den Strafverfolgungsbehörden möglichst gar eine Standleitung in das Rechenzentrum der NSA hätte freischalten lassen. Daß es ein Supergrundrecht nicht gibt und es eigentlich seine Aufgabe als Innenminister gewesen wäre, die freiheitliche Grundordnung zu bewahren und die bürgerlichen Grundrechte zu schützen, war und ist Friedrich offensichtlich völlig egal oder er hat das das gar nie kapiert. Kann ja auch sein...
Der frühere niedersächsische Innenminister Heiner Bartling sagte am 03.03.2014 bei der Staatsanwaltschaft Hannover aus, daß Edathy nach eigenen Angaben bereits im November 2013 durch einen Informanten über die Nachforschungen des BKA informiert worden sei.
Und nun also der Fall Edathy. Ein Spitzenpolitiker der großen Koaltion gerät in das Fadenkreuz der Ermittlungsbehörden weil er im Ausland Nacktfotos von prä-puberierenden Knaben bestellt hat. Ob diese Fotos strafrechtlich relevant sind oder nicht, ist umstritten und derzeit Gegenstand staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen. Bereits im Oktober 2013 bekommt der damalige Innemninsiter Friedrich von seinem Staatssekretär für die Belange der Nachrichtendienste Klaus-Dieter Fritsche den Hinweis, daß der Name Edathy auf der Kundenliste eines mutmaßlichen Kinderpornohändlers in Kanada aufgetaucht sei und möglicherweise Ungemach im politischen Kreis drohe. Eine sehr vertrauliche Information und angesichts bevorstehender Ermittlungen ein klares Dienstgeheimnis. Dessen dürfte sich auch Friedrich bewußt gewesen sein.
Wäre Edathy ein normaler Bürger gewesen, hätten die Behörden erstens sofort ermittelt und nicht erst nach zwei Jahren. Und der Beschuldigte hätte bis zu dem Moment nichts davon erfahren, an dem die Beamten mit einem Durchsuchungsbeschluß vor der Türe gestanden wären. Das ist gängige Praxis und so wird verhindert, daß Beweise vernichtet oder beiseite geschafft werden können. Da Edathy aber ein Spitzenpolitiker war und damit in den Augen Friedrichs zum Kreis der elitären Kollegen gehörte, konnte und wollte Friedrich nicht schweigen. Anstatt die Behörden ermitten zu lassen, wollte Friedrich mit seinem Wissen den Lauf der Dinge ändern und gab seine brisante Information an die SPD weiter. Nach allem menschlichen Ermessen konnte ihm klar sein oder mußte er zumindest damit rechnen, daß Oppermann und Gabriel auch ihrerseits die Klappe nicht halten würden und Edathy auf dem einen oder anderen Weg gewarnt werden würde. Und so kam es denn auch. Edathy, offenbar bestens über das drohende Ungemach im Bilde, meldete sich just einen Tag vor dem Eingang eines (geöffneten!) Briefes der Staatsanwaltschaft mit der Bitte um Aufhebung der Immunität an den Bundestag krank. Er verschwand ins Ausland und hatte nach Medienberichten Beweise vernichtet und verschwinden lassen. So fehlten offenbar mehrere Computer in verschiedenen Büros und Wohnräumen. Seinen Dienstrechner meldete Edathy kurzerhand als gestohlen. Bei der Wohnungsdurchsuchung wurden außerdem Fragmente einer oder mehrerer zerstörter Festplatten gefunden.
Friedrich gibt zwar vor, er habe mit dem Verrat von Dienstgeheimnissen an Gabriel und Oppermann das Ansehen Deutschlands wahren wollen und wenn dies ein Gesetz verböte, gehöre es nach seinen Worten abgeschafft. Tatsächlich hat er das Ansehen Deutschland zum wiederholten Mal massiv beschädigt. Friedrich hat mit seinen Mauscheleien seine Amtspflichten verletzt und - gewollt oder nicht - Strafvereitelung begangen. Das Ausplaudern von Dienstgeheimnissen in den höchsten Kreisen der Politik hat einmal mehr gezeigt, daß Deutschland nichts weiter als ein Bananenstaat ist, in dem Willkür herrscht
In unserem sogenannten Rechtsstaat gelten die Gesetze nicht für jeden, denn die parteipolitischen Kumpeleien, Verstrickungen und Abhängigkeiten und der damit einhergehende, ungehinderte Informationsfluß in den höchsten Kreisen der drei Gewalten versetzen die sogenannte Elite in eine Lage, in der Recht und Gesetz für sie schlicht nicht mehr relevant sind. Selbst wenn die Staatsanwaltschaft unabhängig ermitteln wollte, ist sie dazu oft gar nicht mehr in der Lage. Es obliegt schlichtweg der Willkür der eingeweihten oberen Staatsbeamten und Politiker, welche Informationen sie zu welchen Zwecken nutzen oder nicht. Der Fall Edathy ist dafür ein weiterer Beweis. Man erinnere sich nur an Kohls plötzlichen Gedächtnisverlust an Schäubles Schwarzgeldkoffer oder an verschwundene Festplatten im Hause Strauß.
Was Friedrich, Gabriel und Oppermann getan haben, dafür kennt man bei der Polizei den Begriff Corpsgeist. Auch dort wird Fehlverhalten unter den Kollegen gegenseitig gedeckt, was letztlich dazu führt, daß auch die Polzei regelmäßig außerhalb von Recht und Gesetz handelt, weil sie schlichtweg unangreifbar ist und höchstens dann Konsequenzen befürchten muß, wenn Beweise auf Youtube auftauchen, die das Vertuschen verunmöglichen.
Edathy im BKA unbekannt?
Der heutige Leiter des Kinderpornografie Referats Christian Hoppe war
im Mai 2012 von Edathy im NSU-Ausschuß persönlich als
Zeuge befragt worden. Hoppe leitete von 2006 bis 2009 das Referat, welches mit
der Aufklärung der Mordserie an türkischen Unternehmern
befasst war.
Update In einer Anhörung im Innenausschuß sollte Ziercke erklären, weshalb man zwei Jahre lang den Namen Edathys auf der Liste mit 800 Verdächtigen, die im November 2011 beim Bundeskriminalamt (BKA) einging, nicht bemerkt habe. Ziercke erklärte das mit der Arbeitsüberlastung in seiner Behörde einerseits und der Unbekanntheit Edathys im BKA andererseits. Doch diese Erklärung entpuppt sich nun als billige Ausrede, denn im Oktober 2012 ermittelte das BKA wegen eines vermeintlichen Sprengstoffanschlags auf den Briefkasten im Bundestagsbüro Edathys. Bei der Eingabe seines Namens in das Computersystem wurde mindestens vier Ermittlern unabhängig voneinander und direkt am Bildschirm angezeigt, daß er auf der Kundenliste des kanadischen Kinderpornographiehändelers stand. Spätestens jetzt war den Beamten des BKA sowohl der Politiker Edathy als auch seine Verbindung zu dem kanadischen Kinderpornovertieb bekannt. Außerdem stand auf der kanadischen Liste auch der Name eines hochrangigen BKA-Mitarbeiters. Doch während man zwei Jahre lang den Namen eines prominenten Politikers nicht bemerkt haben will, fand man den Namen des eigenen Mitarbeiters schon im im Januar 2012 und hat die Sache still, heimlich und trotz aller Arbeitsüberlastung umgehend aus der Welt geschafft. Der Beamte akzeptierte den zum Ende des Jahres 2012 rechtskräftig gewordenen Strafbefehl und schied ein weiteres Jahr später ohne Aufsehen aus dem Amt in den gutbezahlten Vorruhestand . Immerhin zwar, aber die Sache mit Edathy stinkt gewaltig zum Himmel und Ziercke scheint einer frechen Lüge überführt. Denn wie die Entdeckung des eigenen Mitarbeiters bereits im Januar 2012 zeigt, hat man sich die Liste schon sehr frühzeitig und mit einiger Aufmerksamkeit angesehen, während Ziercke vor dem Innenausschuss frech log:
Sie wissen - ich hatte es ja gesagt - es hat ein Jahr gedauert, bis man überhaupt diese Daten angefasst hat. [...] Was haben meine Mitarbeiter gemacht? Man hat im Grunde diese Festplatte ausgelesen und eine Datei eingestellt, ohne sich das Ganze aber näher angesehen zu haben. [...] Wir haben die erste Sichtung am 24. Juli 2012 vorgenommen.
Trotz dieser eindeutigen Beweise des Gegenteils (siehe auch Kasten rechts) bleibt man beim BKA stur bei der Behauptung, man habe Edathy erst am 15.10.2013 in Bezug auf ein kinderpornographisches Verfahren als Bundestagsabgeordneten identifiziert. Es ergeben sich somit drei Erklärungsmodelle für die Arbeitsüberlastung und die Erinnerungsschwäche des Präsidenten des BKA und seiner Mitarbeiter:
- Ziercke hat den Fall Edathy auf Anweisung oder Anraten der Politik ingnoriert. Die wahrscheinlichste Variante
- Ziercke hat aus eigener Motivation seinen Parteigenossen Edathy gedeckt. Eher unwahrscheinlich.
- Ziercke wollte die Liste der öffentlichen Wahrnehmung entziehen, damit der Fall des eigenen Mitarbeiters nicht bekannt wurde und das Amt befleckte.
Welche der drei Möglichkeiten auch immer zutrifft (wobei sich Nr.1 und Nr.3 ja nicht ausschließen), ist jetzt schon klar, daß Ziercke seine Unschuld verloren, und dem Ansehen des BKA geschadet hat. Der Fall des kleinen Mannes und eigenen Mitarbeiters des BKA Karl-Heinz D. wurde aus amtshygienischen Gründen zügig und wahrscheinlich auch strafrechtlich korrekt abgewickelt. Die partielle Blindheit im Fall Edathy zeigt aber, daß sogar das BKA sich zuweilen nicht unbedingt an Recht und Gesetz gebunden sieht und schon auch einmal wegen Arbeitsüberlastung strafvereitelnd untätig bleibt, wenn es willkürlich festgelegten, höheren Interessen dient. Frei nach dem obersten polizeilichen Motto, wonach nicht das Gesetz, sondern der Zweck die Mittel heiligt.
Ich persönlich glaube, daß das BKA den Namen Edathy durchaus frühzeitig, wenn nicht gar schon 2011 auf der Liste entdeckt und auch richtig eingeordnet hat. Für diese These spricht eine Weisung aus dem Bundesinnenministerium, wonach bei wichtigen Ereignissen, die grundsätzlich politischer Natur sind oder einen politischen Bezug aufweisen und bei denen parlamentarische Auswirkungen möglich erscheinen, das Bundesinnenministerium unverzüglich zu unterrichten ist. Das verplichtet das BKA nämlich, die Namen von Verdächtigen dahingehend zu überprüfen, ob sie gemäß dieser Weisung relevant sind. Abgesehen davon, daß Edathy keineswegs ein solcher politischer No-Name für das BKA war, wie Ziercke das jetzt darzustellen versucht: Edathy war von 2005 bis 2009 Vorsitzender des Innenausschusses und von 2009 bis 2013 Mitglied des Rechtsausschusses. Ab Januar 2012 war Edathy sogar Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschusses und befasste sich mit der Rolle des BKA.Daß Edathy abseits aller Rechtsstaatlichkeit vor dem Strafrecht geschützt wurde, ist meiner Meinung nach ebenso politisch motiviert, wie die offensichtliche Tatsache, daß man ihn hat fallen lassen, nachdem er im NSU-Untersuchungsausschuß unbequem wurde und sich mit Ziercke angelegt hatte. Die Wahrheit werden wir wohl nie erfahren, denn immer wenn die Politik von brutalstmöglicher Aufklärung spricht, darf man sicher sein, daß genau das Gegenteil gemeint ist.