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Erstellt: | 27.12.2011 |
Aktualisiert: | 12.01.2012 |
Aktuelles Tagesgeschehen
Meine Meinung zu aktuellen Themen
Die Schlagzeile:
Aufklärung über Wulffs Schnäppchenkredit
27.12.2011 Ausgestanden ist die Kreditaffäre für Bundespräsident Christian Wulff längst nicht: Jetzt verlangt ein weiterer Aufsichtsrat der Stuttgarter BW-Bank Informationen über das Schnäppchen-Darlehen, das dem Politiker gewährt wird. Ein Verfassungsjurist rät Wulff zur Selbstanzeige. Soweit die Meldung [ Quelle]
Eigentlich war mir die ganze Sache keine Gedanken wert und ich verstand auch nicht die Aufregung darüber, schließlich hat Wulff das Geld ja nicht geklaut, so dachte ich. Nun kommt raus, daß Wulff den Privatkredit zwar gegen einen regulären Bankkredit abgelöst hat, jedoch zu Konditionen, von denen jeder normale Häuslebauer nur träumen kann: Nämlich zwischen 0,9 und 2,1 Prozent Zinsen und damit um die Hälfte günstiger als ein Normalsterblicher hinblättern müßte. Nun habe ich keine Ahnung, ob Wulff diese Konditionen selbst ausgehandelt hat, oder ob man sie ihm zum Geschenk machte. Das ist aber auch völlig egal, angesichts dessen, daß er sie auch im letzteren Fall dankend hätte ablehnen müssen. Gerade jetzt, nachdem man ihm schon bei dem überaus günstigen Privatkredit vorwerfen konnte, seine herausragende Position und die damit verbundenen Kontakte zur persönlichen Bereicherung ausgenutzt zu haben, macht er denselben Fehler aus reiner Profitsucht erneut.
Daß Wulff diese überaus günstigen Konditionen schamlos angenommen hat, zeigt mir persönlich nur eins, nämlich daß der ganze Kult um das Amt des Bundespräsidenten und seiner Person nicht nur jetzt Unsinn ist, sondern immer schon war. Wulff ist ein Mensch wie jeder andere auch und jeder Bundespräsident vor ihm war ebenso nur ein Mensch. Man muß nicht automatisch vor einem Menschen oder vor seinem Amt Respekt haben. Wulff hat jedenfalls keinen Respekt verdient und sein Beispiel zeigt mir, daß grundsätzlich niemand nur deshalb Respekt verdient, weil er ein hohes Amt bekleidet oder es zu etwas gebracht hat. Ganz im Gegenteil und das was jetzt kommt, ist kein Neid, sondern ein einfaches Stückchen Lebenserfahrung:
Der Volksmund sagt zwar, man könne es mit Fleiß und Arbeit im Leben zu etwas bringen. Das mag grundsätzlich nicht verkehrt sein, ist aber nur die halbe Wahrheit, denn man braucht außerdem noch eins von beidem: Entweder das Glück, zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein, was selten vorkommt. Oder breite Schultern und gut trainierte Ellbogen. Und da man sich auf die Sache mit dem Glück nicht verlassen kann, stößt man bei den oberen Zehntausend und den Mächtigen dieser Welt also vor allem auf die sprichwörtliche Ellbogenmentalität. In dieser Gesellschaft kann man es nur zu etwas bringen, indem man andere ausnutzt, übervorteilt, überrumpelt, übergeht, sie belügt, ihnen Informationen unterschlägt, gegen sie intrigiert oder sie schlichtweg bescheißt, wie man das auf gut Deutsch halt so sagt.
Für mich persönlich bedeutet diese traurige Erkenntnis, daß ich gerade den Reichen und Mächtigen dieser Welt keinen vorauseilenden Respekt zolle, solange dieser nicht ausdrücklich verdient wurde. Im Gegenteil trete ich gerade diesen Menschen mit einer gehörigen Portion Skepsis und Mißtrauen gegenüber. Viele Leser meiner Homepage werden vielleicht schön des öfteren den Kopf darüber geschüttelt haben, wie respektlos ich über manche unserer Politiker geschrieben habe. Nun, mit diesem Artikel dürfte der Grund klar sein: Meiner Meinung nach muß Respekt verdient werden.
Respekt sollte man vor Menschen haben, die durch ihr alltägliches Handeln Anstand und Moral beweisen. Nur stehen Anstand und Moral diamentral dem typischen Ellbogenverhalten entgegen. Mit Anstand und Moral wird man eben nicht Ministerpräsident von Niedersachsen, weil man schon ganz am Anfang seiner politischen Karriere so manche Entscheidung der Partei nicht mittragen könnte und es so als Widerständler innerhalb der eigenen Partei niemals zu irgendeinem Aufstieg würde bringen können. Kein Mensch kann aus reinem Zufall immer mit allen Entscheidungen jener Hand einverstanden sein, die ihn füttert. Was ich im politischen Alltag jedoch erlebe, ist genau das: Parteidisziplin bis hin zur völligen Aufgabe der eigenen Meinung. Wie könnte es sonst sein, daß bei Abstimmungen, beispielsweise im Bundestag, so gut wie alle Abgeordneten einstimmig für die parteiintern festgelegte Meinung stimmen? (Ich erinnere als Beispiel nur an die berühmten Bauchschmerzen jener Abgeordneten der SPD, die für die Vorratsdatenspeicherung gestimmt haben, weil sie davon überzeugt waren, daß das Verfassungsgericht ihre Entscheidung schon wieder korrigieren würde). Dieser sogenannte Fraktionszwang wird zwar immer wieder vehement geleugnet, immerhin steht im Grundgesetz ja, daß alle Abgeordneten ausschließlich ihrem Gewissen unterworfen sind (Art.38 GG). Die gängige Praxis beweist jedoch, daß die meisten Politiker nicht nach besten Wissen und Gewissen entscheiden, sondern vor allem danach, was ihnen selbst und ihrer Partei (und damit letztlich wieder ihnen selbst) nützt. Und wer es in einer Ellbogengesellschaft wie dieser bis ganz nach oben schafft, hat gewisse moralischen Defizite schon dadurch hinreichend unter Beweis gestellt.
Und in der Wirtschaft sieht es nicht besser aus, denn mit Anstand und Moral wird man auch nicht Aufsichtsratsvorsitzender eines großen Unternehmens. Ausnahmen gibt es freilich, es soll hier nicht der Eindruck entstehen, ich hielte alle Politiker und alle Unternehmer per se für unmoralisch oder korrupt. Nur kann man die Fälle, in denen es jemand allein durch Glück und Leistung zu etwas bringt, wohl an der Hand abzählen. Wir werden regiert und arbeiten für Menschen, die sprichwörtlich über Leichen gehen. Und daran wird sich wohl auch nichts ändern.
Nachdem ich nun die Moralkeule geschwungen habe, möchte ich zu guter Letzt noch anmerken, daß natürlich auch ich selbst lediglich ein Mensch bin und nicht davor gefeit bin, so mancher Verlockung nachzugeben. Was uns Normalmenschen aber üblicherweise von den Reichen und Mächtigen unterscheidet, ist jene moralische Schwelle, die uns daran hindert, sprichwörtlich über Leichen zu gehen. Diese Schwelle findet sich bei denen da oben aus den oben genannten Gründen meist nicht, sonst hätten sie es nicht bis da hinauf geschafft.
Update Mittlerweile soll der Kredit in ein Darlehen zu marktüblichen Konditionen umgewandelt worden sein. Nun gut, was blieb ihm auch übrig? Dadurch ändert sich in meinen Augen nichts an dem, was ich schrieb.
Update 2 Jetzt ist rausgekommen, daß der Bundespräsident beim Chefredakteur der Bildzeitung angerufen hat und versucht haben soll, die Berichterstattung über seinen Kredit zu verhindern. Was dort gesagt wurde, bleibt vorerst geheim, weil Wulff die Veröffentlichung der Mailboxaufnahme nicht gestattet. Es ist zwar sowohl sein gutes Recht, beim Chefredakteur der Bild anzurufen, als auch, dieses vertrauliche Gespräch der Öffentlichkeit nicht preis geben zu wollen. Beides wirft jedoch ein denkbar schlechtes Bild auf ihn. Erstens kann man sich denken, was - und vor allem - wie er es auf die Mailbox gesprochen hat, wenn er doch betont, daß dies in einem sehr emotionalen Moment geschehen sei. Zweitens ruft ein Bundespräsident nach meinem Verständnis von Amt und Würden nicht selbst und in eigener Sache bei einer Zeitung an. Das erweckt zumindest den Eindruck, daß er das Gewicht seines Amtes zur Wahrung persönlicher Interessen mißbraucht. Und hier schließt sich der Kreis wieder, denn schließlich besteht auch bei dem überaus günstigen Kredit der Verdacht der Vorteilsnahme. Da liegt es auch auf der Hand, daß dieser Bundespräsident generell keine Probleme damit hat - und wahrscheinlich auch als Ministerpräsident schon nicht hatte, persönliche Vorteile aus seiner politischen Stellung zu ziehen. Dieses Verhalten ist eines Bundespräsidenten unwürdig. Auch die Entschuldigung im Fernsehen war dem Amt völlig unangemessen, ja geradezu peinlich. Entweder er steht zu dem was er gesagt und getan hat, dann braucht er sich nicht zu entschuldigen. Oder er steht nicht dazu, dann muß er schon deshalb zurücktreten, um das Ansehen des Amtes nicht endgültig zu zerstören.
Update 3 Heute schreibe ich dieses Update, weil Wulff immer noch in den Schlagzeilen ist und die Sache offensichtlich aussitzen will. Nach einem Bericht der Bild am Sonntag sagte Wulff bei einem amtsinternen Neujahrsempfang
In einem Jahr ist das alles vergessen
Man darf sich angesichts dieser Äußerung wirklich fragen, wie es um Intelligenz dieses Menschen bestellt ist. In der Lage in der er sich befindet kann man diesen Gedanken freilich haben, aber man darf ihn unter keinen Umständen aussprechen! Letztendlich verhöhnt er damit nämlich jeden einzelnen Bürger. Nein, sehr geehrter Herr Bundespräsident, ich werde in einem Jahr zwar nicht mehr ständig daran denken, da haben Sie schon recht. Aber jedesmal wenn ich Ihr Gesicht in den Medien sehen werde, wird mein Hirn Ihre Person mit Attributen wie Unanständigkeit, Unehrlichkeit oder Unaufrichtigkeit verknüpfen. Ob ich will oder nicht. Und nachdem Sie in den vergangenen Wochen tatsächlich in jedes einzelne Fettnäpfchen getreten sind, egal wie weit es auch weg stand, fagen sich die Bürger doch zurecht, ob das wirklich nur Tollpatschigkeit war.