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Erstellt: | 21.04.2012 |
Aktualisiert: | 02.05.2012 |
Aktuelles Tagesgeschehen
Meine Meinung zu aktuellen Themen
Die Schlagzeile:
21.04.2012: Grass-Gedicht Zusammenbruch des Urteilsvermögens
Zwei Wochen nach Erscheinen des israelkritischen Gedichts von Günter Grass hat der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu den deutschen Literaturnobelpreisträger erneut scharf angegriffen. Die Worte von Grass in dem Gedicht Was gesagt werden muss seien ein absoluter Skandal, sagte Netanjahu der Welt am Sonntag. Dass dies von einem deutschen Nobelpreisträger kommt und nicht etwa von einem Teenager einer Neonazi-Partei, macht es noch empörender. [ Quelle]
Ein Mann steht vor einem Kindergarten in Theran. Bei ihm seine Frau und seine Tochter. Ein Motorrad naht, besetzt mit zwei Männern. Plötzlich fallen Schüsse. Der 35-Jährige Familienvater wird tödlich am Hals getroffen und sackt vor den Augen seiner Familie zusammen.
Der Mann hieß Dariusch Rezaie und war Atomphysiker. Und er war nicht der erste iranische Atomphysiker, der Opfer eines heimtückischen Anschlags wurde: Im Januar 2010 wird der Kernphysiker Massud Ali Mohammadi von einer ferngezündeten Motorradbombe zerfetzt. Im November 2010 befestigen zwei Männer auf einem Motorrad während der Fahrt einen Sprengsatz am Wagen von Madschid Schahriari. Der Professor stirbt, seine Frau, die sich auch im Wagen befand, wird schwer verletzt. Ebenfalls im November 2010 wird der Atomphysiker Feridun Abbasi angegriffen. Auch er sitzt mit seiner Frau im Auto. Die beiden entkommen verletzt, weil sie in letzter Minute den Anschlag wittern und noch aus dem Auto springen. Jüngstes Opfer der Serie war der 32-jährige Atomforscher Mostafa Ahmadi Roschan, der am 11. Januar 2012 ebenfalls mit einem Sprengsatz an seinem Fahrzeug getötet wurde.
Auch wenn es nicht ofiziell bestätigt wird, so dementiert Israel auch nicht, daß seine Geheimdienste für die Anschäge verantwortlich sind. Diese sollen Volksmujahedin (persisch Mojahedin-e-Khalg MEK), die in einigen Ländern und bis vor kurzem auch in der EU als Terrororganisation eingestuft worden waren, für die Morde rekrutiert und bezahlt haben. Ich bin kein Journalist und keim Geheimdienstler. Ich stecke nicht in der Materie, aber ich gehe an dieser Stelle einfach mal davon aus, daß der Spiegel in dieser Sache richtig recherchiert hat und keinen erfundenen Unsinn schreibt
Warum macht Israel so etwas? Klar, Israel möchte verhindern, daß der Iran sein Atomprogramm fortführt oder gar vollendet. Auch Amerika sowie der überwiegende Teil der sogenannten westlichen Welt hat ein durchaus verständliches Interesse daran, daß Irans Atomforschung scheitert. Dieses Interesse an sich ist sicher legitim und auch nachvollziehbar. Aber eben schlichtweg ungerecht.
Die westliche Welt hat sich das Recht auf den Besitz von Nuklearwaffen selbst zugestanden. Und ich möchte es kurz machen: Wer selbst Nuklearwaffen besitzt, kann nach meinem Verständnis keinem anderen souveränen Staat den Besitz derselben Technologie verbieten. Damit will ich keinesfalls in Abrede stellen, daß der Iran eine Bedrohung für Israel und die Welt darstellt. Aber stellt nicht jeder Staat, der über Nuklearwaffen verfügt, eine Bedrohung für die Welt dar? Standen wir nicht in den sechziger Jahren so nahe wie nie an der Schwelle einer atomaren Auseinandersetzung? Und sind es denn nicht die Amerikaner, die Weltpolizei spielen, ständig in fremde Länder einmarschieren und dabei ein- ums andere Mal billigend in Kauf nehmen, den dritten Weltkrieg anzuzetteln?
Sind wir wirklich die Guten? Und die anderen die Bösen? Ist es wirklich so einfach? Schwarz und weiss? Was würde wohl Israel sagen, wenn iranische Geheimdienstler marodierend durch ihr Land zögen und israelische Wissenschaftler ermordeten? Einfach so? Man muss sich diese Frage nur einmal stellen. Auch eine andere Frage ist hier nicht uninteressant: Gibt es wirklich so etwas wie eine präventive Notwehr? Immerhin bemüht Israel ja so ein Konstrukt, wenn es Wissenschaftler im Iran ermordet oder konkrete Angriffspläne gegen den Iran schmiedet. Zwar ist es richtig, daß der Iran ständig gegen Israel wettert und es verbal bedroht. Aber konkrete Angriffspläne sind keine bekannt, wärend Israel für den geplanten Angriff sogar schon einen Militärflugplatz in Aserbaidschan gekauft hat und aus seinen Plänen außerdem auch kein Geheimnis macht. Da darf man dann schon mal fragen, von wem die Bedrohung ausgeht. Von dem der wettert oder von dem der konkrete Pläne schmiedet?
Auch wenn es nicht zulässig ist, übertragen wir doch rein zur Veranschaulichung einmal die Argumentation Israels ins deutsche Strafrecht. Herr Israel sitzt also auf der Anklagebank weil er Herrn Iran angegriffen und dabei schwer verletzt hat. Der Richter möchte nun wissen, warum Israel das getan hat. Israel steht auf und blickt mit Unschuldsmiene den Richter an:
Israel: "Herr Richter, dieser böse Iran dort drüben hat
mir immer gedroht, er würde mich eines Tages umbringen. Da
habe ich ihn aus Notwehr natürlich zuerst schlagen müssen,
ehe er das tun konnte".
Richter: "Hat Iran denn schon öfter gesagt, daß
er Sie umbringen will?"
Israel: "Ja, das sagte er beinahe jeden Tag wenn wir
uns auf dem Weg zur Arbeit trafen"
Richter: "Und hat Herr Iran Sie jemals angerührt?"
Israel: "Nein, Herr Richter, das nicht, aber..."
Richter: "Danke, das reicht."
Ich mag Günter Grass nicht. Aber diesmal hatte er einfach Recht. Eine präventive Notwehr gibt es nicht. Jedenfalls nicht, solange die Bedrohung nicht konkret und unmittelbar ist. Und während Irans wüste Beschimpfungen alles andere als eine unmittelbare Bedrohung sind, darf man konkrete Angriffsplanungen, einschließlich des Ankaufs eines militärischen Stützpunktes in Aserbaidschan durchaus als solche betrachten.
Israel sieht sich ja so gerne in der Rolle des Opfers und bisher hat das Schauspiel auch ganz gut funktioniert. Kaum äußerte jemand auch nur den Hauch einer Kritik an Israel, jammerte der Zenralrat der Juden und witterte lauthals Antisemitismus. Bei mir zieht diese Masche nicht mehr. Kein Staat hat das Recht, Morde im Ausland zu begehen. Und wer konkrete Anschlagspläne schmiedet und dazu noch keinen Hehl aus ihnen macht, der verteidigt sich nicht, sondern ist selbst der Aggressor. Genau das hat Grass gesagt. Und Recht hat er damit. Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu schimpft über Grass, sein Gedicht wäre der Zusammenbruch des moralischen Urteilsvermögens. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Wenn sich ein Täter zum Opfer erklärt, dann ist das der Zusammenbruch des moralischen Urteilsvermögens. Wenn man unschuldige Zivilisten außerhalb der eigenen Landesgrenzen heimtükisch ermordet und sich dann der Welt noch als Opfer präsentiert, dann ist das der Zusammenbruch des moralischen Urteilsvermögens.
Wer sind die Guten und wer sind die Bösen? Solange niemand diese Frage beantworten kann, hat der Iran genau dasselbe Recht auf nukleare Bewaffnung wie jeder andere souveräne Staat dieser Welt. Als sich die USA gegen Ende des zweiten Weltkrieges die deutsche Technologie der Kernspaltung einverleibt, weiterentwickelt und zum Einsatz gebracht hat, hätten sie wissen müssen, daß irgendwann einmal auch die rückständigsten Nationen dieser Welt die Technk beherrschen werden. Sie haben den Geist trotzdem aus der Flasche gelassen. Man wird ihn nun nicht mehr hineinbekommen.
Die Schlagzeile:
Anonymer Plagiatsvorwurf gegen Ministerin Schavan
02.05.2012 Hat
Bundesbildungsministerin Annette Schavan bei ihrer Doktorarbeit unsauber
gearbeitet? Ein anonymer Blogger will mutmaßliche Plagiate in dem 32 Jahre
alten Dokument entdeckt haben. Die CDU Politikerin forderte den oder die Autoren auf, sich
zu erkennen zu geben und mit ihr zu reden.
Soweit die Meldung.
[
Quelle]
Ausgerechnet die Bundesministerin für Bildung und Forschung. Nachfolgend ein kurzes Beispiel, das der Seite Schavanplag entnommen wurde. Die einzelnen Sätze wurden von Schavan leicht umgestellt, so daß sie auf den ersten Blick kaum als Plagiat auffallen. Dadurch daß aber jeder nachfolgende Satz inhaltlich exakt dem Original entspricht, wird doch eindeutig klar, daß hier schlicht und ergreifend abgeschrieben wurde. Man kann es gar nicht anders nennen.
Fend 1976 | Schavan 1980 | |
Wenn der Mensch spricht, sendet er Botschaften aus, die für den
Empfänger die gleiche Bedeutung haben wie für den Sender. |
Beim Sprechen sendet der Mensch Botschaften, die für Sender und Empfänger gleiche Bedeutung haben. | |
Dadurch kann der Mensch auf die eigenen Aussagen auf die gleiche Weise reagieren,
wie auf Aussagen anderer Menschen. |
Dadurch kann der Einzelne auf Aussagen anderer wie auf eigene gleichermaßen reagieren. | |
[...] er kann sowohl Subjekt als auch Objekt von Aussagen sein. |
Er kann sowohl Subjekt als auch Objekt von Aussagen sein. | |
Diese Reflexivität ist das kennzeichnende Merkmal des menschlichen
Selbst. [...] Diese Selbst enthält unter anderem ein kognitives
System von Regeln und Normen über erwünschte Verhaltensweisen
in einer Gruppe. |
Diese Fähigkeit zur Reflexion ist nach Mead das kennzeichnende Merkmal
des menschlichen Selbst. Zu diesem Selbst gehört weiterhin ein
kognitives System von Regeln und Normen über erwünschte
Verhaltensweisen in einer Gruppe [FN 2], das zu erlernen ist. |
Schavan war während des Abschreibens durchaus bewußt, daß sie hier betrügt, denn durch das Umformulieren der Sätze hat sie genau diesen Betrug zu verschleiern versucht. Das macht die Sache umso schlimmer, denn man kann hier keinesfalls davon sprechen, daß sie lediglich versäumt oder vergessen habe, Zitate zu kennzeichnen. Der Betrug wurde vorsätzlich begangen und zu verschleiern versucht.
Man erinnere sich an den Fall Guttenberg. Da sagte Frau Schavan am 01.03.2011 in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung: Ich schäme mich nicht nur heimlich. Sicher konnte Frau Schavan zum Zeitpunkt des Interviews nicht ahnen, daß auch Ihre Betrügereien nach so langer Zeit noch ans Tageslicht kommen würden. Aber da sie selbst ja wußte, daß sie auch abgeschrieben hat, ist es mehr als dreist, sich öffentlich für den Kollegen zu schämen. Jeder an ihrer Stelle, der ebenfalls Dreck am Stecken gehabt hätte, hätte wohl einfach den Mund gehalten und sich insgeheim für seine eigenen Verfehlungen geschämt.
Frau Schavan sagte am 01.05.2012 in einem Fernsehinterview zu Ihrer Entlastung, zu der Zeit als Ihre Doktorarbeit entstanden sei, gab es noch kein Internet und kein Copy und Paste. Sie habe Ihre Doktorarbeit noch mit dem guten alten Zettelkasten erstellt. Ein billiger Versuch die Vorwürfe zu entkräften, denn zum Abschreiben braucht man weder Internet noch einen Computer.
Angesichts dessen ist schier unglaublich, wenn die Ministerin in der CDU noch Rückendeckung erhält. Der baden württembergische CDU Vorsitzende Thomas Strobl sagte zum Focus beispielsweise: Ich habe keinen Grund, anzunehmen, dass irgend etwas faul ist an der Doktorarbeit von Annette Schavan.. Wieder einmal ist es also ausgerechnet die CDU, die in Öffentlichkeit so gerne als die Partei von Anstand und Moral gesehen werden will, die genau diese Werte ganz schnell vergißt, sobald es um einen der Ihren geht. Nein, mit Anstand und Moral ist es nicht weit her in dieser Partei mit dem C. Aber das wissen wir ja schon...
Übrigens: Sollte Frau Schavan wegen dieser Affäre irgendwann zurücktreten, wird sie als (dann ehemalige) Bildungsministerin bis an Ihr Lebensende eine erkleckliche Pension erhalten, von der sie ihren Unterhalt sehr gut wird bestreiten können, während es normalen Beamten schon mal passieren kann, daß sie ihre kompletten Beamtenbezüge rückwirkend zurückzahlen müssen und damit finanziell ruiniert sind. Mitleid wäre also wirklich fehl am Platz.